Fehler im System – Insektensterben Teil 1

Oder wie wir unserer Umwelt mit ein klein wenig Umsicht helfen können

  • 70% aller Tiere sind Insekten
  • 33.000 Insektenarten sind in Deutschland bekannt
  • 7.787 Arten, also knapp 24%, stehen auf der Roten Liste
  • 6.921 Arten wurden ausgewertet
  • 45% dieser Arten sind rückläufig
  • 96% der Köcherfliegen sind rückläufig
  • 64% der Tagfalter sind rückläufig
  • 60% der Ameisen sind rückläufig
  • 52% der Zikaden sind rückläufig
  • 45% der Laufkäfer und Wildbienen sind jeweils rückläufig
  • Nur 2% aller Insekten haben zugenommen

Kreislaufsystem – Die Folgen des Insektensterbens

Man kann es nichts abstreiten – das Insektensterben ist kein Phänomen von gestern oder vorgestern. Nein, auch nicht von vor einer Woche, einem Monat oder einem Jahr. Unsere Insekten sterben seit Jahrzehnten kontinuierlich. Tag für Tag – Jahr für Jahr. Doch was sind die Ursachen dieses Phänomens? Das Hauptproblem ist vorallem das Verändern und Verschwinden von wertvollen Habitaten. Intensive Bodenbearbeitung, erhöhte Nährstoff- und Schadstoffeinträge sowie der exzessive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind mit die Hauptgründe für das Verschwinden der Insekten. Im Folgenden einige Gründe im Detail:

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Vergrößerung von Siedlungen und Verkehrsflächen

Die Versiegelung der Flächen in Deutschland ist enorm – jährlich ca. 60 ha. Seit 2014 ist diese Anzahl in etwa konstant. Die gesamte versiegelte Fläche in Deutschland beträgt ca. 14%. Dadurch gibt es immer mehr nicht nutzbare Flächen. Diese sind meist durch Beton oder Steine fast undurchdringbar für Pflanzen geworden – und bieten damit für kein Insekt Lebensraum und Nahrung.

Veränderung von Lebensräumen

Das Abholzen von Streuobstwiesen, Hecken und Waldrändern, sowie Beseitigen von Uferböschungen tragen zu großen Umbrüchen in der Insektenwelt bei. Auch das Umbrüchen von Gründland und extensiven Freiflächen, ebenso das Aufforsten von Freiflächen trägt dazu bei. Intensive Mahd von Grünland, Beseitigen von Wegrainen, Trockenlegen von Feuchträumen und zu intensive Beweidung zerstören ebenfalls wichtige Lebensräume. Viele Insekten finden dadurch kaum noch Rückzugsmöglichkeiten – Schutz und Fortpflanzungsraum fehlt.

Pestizide

Ob Pflanzenschutzmittel oder Insektenschutzmittel – beides hat mehr oder weniger direkten Einfluss auf das Wohlbefinden der Insekten. Da der Einsatz von Pestiziden besonders auf intensiv genutzten Flächen immer weiter zunimmt, wird der Insekten Bestand auch immer mehr davon beeinflusst. Insektenschutzmittel schädigen viele Insekten – nicht nur diejenigen, gegen welche es wirken soll. Abgesehen davon, dass es relativ fraglich ist, ob Insektenschutzmittel wirklich sinnvoll sind. Viele Insektenschutzmittel greifen auch Nützlinge an, sie schädigen die Genetik oder töten gleich viele ab. Oft sind Rückstände der Insektenschutzmittel noch lange im Boden und sogar in angrenzenden Flächen und in Lebensmitteln nachweisbar. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das berüchtigte DDT. Dichlordiphenyltrichlorethan wurde seit 1940 in Deutschland verwendet und in den 70er Jahren in den westlichen Industrieländer verboten. Zwar ist es nicht in direkter Weise für Säugetiere tödlich, dennoch reichert es sich im Gewebe von Mensch und Tier an. Außerdem ist DDT im Verdacht, hochgradig krebserregend zu sein. Leider wird es auch heute noch in manchen Ländern legal und illegal verwendet.

Nährstoffeinträge in Böden und Gewässer

Nährstoffeinträge sind alle Einträge in den Boden, die von Außerhalb dem Boden zugeführt werden. Dazu zählen vor allem mineralische und organische Dünger, Kompost, Jüchen und Gülle. Nährstoffe die durch direkten “Verbrauch” auf der Fläche entstehen, sind keine Einträge, sondern werden nur vom vorhandenen Material umgewandelt (Mulchen oder Beweidung ohne Zufütterung). Kritisch sind vor allem aber mineralische Dünger und Gülle, die in großen Mengen auf die Flächen gebracht werden. So wird ein viel zu hoher Anteil von Phosphor, Stickstoff und Nitrat dauerhaft angereichert. Im Durchschnitt beträgt der Stickstoffüberschuss bei 70kg/ha. Durch den erhöhten Stickstoffgehalt wird in Gewässern das Algenwachstum extrem beschleunigt. Der Sauerstoffgehalt wird so schnell geringer und hat negative Auswirkungen auf im Wasser lebenden Larven vieler Insekten, wie zB die Köcherfliegen. Erhöhter und veränderter Nährstoffgehalt im Boden verändert auf lange Sicht die Vegetation. Pflanzen werden verdrängt und durch andere ersetzt. Dabei bleiben viele Blütenpflanzen für Wildbienen und andere Insekten auf der Strecke.

Die Folgen des Insektenrückgangs

Einige Folgen des Insektenrückgangs lassen sich leicht schlussfolgern, doch viele Prozesse sind im ersten Augenblick nicht zu erfassen und erst Jahre später zeigen sich die Auswirkungen. Doch sie sind nicht zu unterschätzen. Insekten tragen einen großen Beitrag zur Vielfalt in unserer Natur bei. Ohne Insekten würden viele selbstverständliche Dinge wegfallen.

Blütenbestäubung

In unserem Ökosystem nehmen blütenbestäubende Pflanzen eine Schlüsselfunktion ein. Damit tragen sie bedeutende Teile zum Erhalt der Pflanzenvielfalt bei und sichern große Anteile an der Welternährung. Die Insekten werden vom Nektar und Pollen angelockt. Automatisch bestäuben sie unmengen an Blüten. Dabei werden wildlebende Insekten unterschätzt. Sie bestäuben weitaus mehr Pflanzen als eingesetzte Honigbienen. Fallen einzelne bestäubende Insekten weg, können diese zwar durch andere ersetzt werden, allerdings leidet darunter oft die Qualität der Bestäubung. Besonders der Obst- und Gemüseanbau, aber auch die Feldfrüchte wie Raps, Sonnenblumen oder Ackerbohnen sind von Insekten abhängig. Ohne diese Bestäuber sinkt die Befruchtungsrate merklich.

Bodeninsekten

Auch im und auf dem Boden spielen Insekten eine große Rolle. Sie fördern den Nährstoffkreislauf – besonders bei Humusbildung – und verbessern die Bodenfruchtbarkeit. Auch in Gewässern helfen sie bei der Selbstreinigung. Und zuguterletzt dienen sie als Nahrungsgrundlage für Vögel, Spinnen, anderen Insekten, Reptilien, Amphibien und Säugetieren. Damit hat die Anzahl von Insekten direkten Einfluss auf die Vitalität anderer Tiere. Besonders bei Vögeln lässt sich eine Verbindung zwischen dem Rückgang von Insekten und dem Rückgang der Vogelpopulation feststellen. Genaue Untersuchungen hierzu fehlen allerdings noch.

Gesundheit

Auch unsere Gesundheit ist im Entfernten von den Insekten abhängig. Denn die Vielfältigkeit der Natur ist eben maßgeblich von Insekten gesteuert. Und unsere Natur dient uns als Erholungs- und Erlebnisort. So wie wir sie kennen, mit all den Wiesen, Bäumen und Feldern, blühenden Hecken und duftenden Blüten. Was wäre also, wenn all diese schönen Dinge nach und nach verschwinden würde? Nur noch kahle Felderwüsten und glattgestriegelte Wiesen zu sehen wären? Kein frischer Apfel am Wegesrand gepflückt werden kann? Das Summen und Zirpen auf den Wiesen verstummt? Dann wäre unsere Welt ganz schön arm dran.

In diesem Beitrag hast Du nun alles über die Gründe und Folgen des Insektensterbens erfahren. Im zweiten Teil erfährst Du jede Menge Tipps und Tricks, wie Du selbst Insekten helfen und schützen kannst. Egal ob auf dem Balkon, deinem Hausgarten, deiner Parzelle oder draußen in der Flur. Am Ende der Seite findest Du noch ein, wie ich finde, sehr passendes Gedicht zum Thema Insektensterben und einige interessante Links. Viel Spaß!

Ackerleben

frei nach Hoffmann von Fallersleben „Alle Vögel sind schon da”

Alle Vögel sind jetzt weg, alle Vögel, alle!

Ohne Singen, Musizieren,

Pfeifen, Zwitschern, Tirilieren

wird der Frühling einmaschiern,

kommt mit Staub und Stille.

Wie sie alle lustig war’n, flink und froh sich regten!

Amsel, Drossel, Fink und Star

und die ganze Vogelschar

sah’n wir wohl zum letzen Mal

uns’rer Gifte wegen.

Auf den Äckern wüstengleich Pestizide schweben.

Keiner will mehr lustig sein,

lustig wie die Vögelein.

Hier und dort, feldaus, feldein,

kein Insektenleben.

dkb, Mai 2018

http://www.die-klimaschutz-baustelle.de/umweltgedichte.html

2 Antworten auf „Fehler im System – Insektensterben Teil 1“

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